Ich schreibe diesen Bericht für alle, die Fragen zur OP der Schilddrüse haben. Die vielleicht selbst gerade die Diagnose erhalten haben, dass sie kalte Knoten in der Schilddrüse haben oder eine Struma (früher auch als „Kropf“ bezeichnet), die Angst vor einer OP haben oder ein paar Symptome bei sich hier wieder finden, die evtl. darauf hindeuten, dass die Schilddrüse um Hilfe ruft. Funktioniert ein Leben ohne Schilddrüse überhaupt? Ich hatte verdammt viele Fragen und habe nur wenige Erfahrungsberichte von anderen gefunden. Deshalb habe ich meine Erfahrungen hier festgehalten, und wenn ich nur einem damit weiter helfen oder ein wenig die Angst nehmen kann, habe ich mein Ziel schon erreicht. Ich war noch niemals vorher im Krankenhaus, hatte noch keine schlimme Krankheit, noch nie einen Knochen gebrochen oder eine Sehne gerissen. Mein erklärtes Ziel war, mit allen meinen Organen und vollständig heile ins Grab zu fahren, wenn es an der Zeit ist. Tja, Mission failed, Mission im Arsch, weil meine Schilddrüse da wohl nicht mit machen wollte. Ich habe alles in Text und Bildern, fest gehalten, von Anfang an, und am Ende ist es ein ziemlich langes Brötchen geworden, das ich hier nieder geschrieben habe.
Hier die Themen im Überblick:
- Ich fühle mich komisch – Die Symptome
- Ablauf der Schilddrüsen-Szintigraphie
- Die Diagnose: Struma Multinodosa mit kalten Knoten (Mit Bildern)
- Die Entscheidung: Operation ja oder nein
- Die OP: Entfernung meiner Schilddrüse (Mit Bildern)
- Hypokalzämie oder: Spaß mit Krampf und Panik (Mit Bildern)
- Die ersten Tage zuhause nach der OP (Mit Bildern)
- Leben ohne Schilddrüse (Mit Bildern)
- L-Thyroxin Einstellung / Hormon-Ersatztherapie
- Entwicklung der Narbe / Narbenpflege (Mit Bildern)
- Meine Erfahrung mit Contractubex Narbengel
Wenn ihr Fragen habt, dann schreibt mir (janni[at]schilddruesen-op.info), ich versuche, so gut es geht zu helfen und alles zu beantworten. 🙂
Ich fühle mich komisch – Die Symptome
Was ist eigentlich los mit mir? Ich hatte schon länger das Gefühl, dass ich selbst nicht mehr so richtig „rund“ laufe. Kurz und knapp kann ich jetzt folgende Veränderungen nennen, die ich mir selbst im Laufe der letzten Jahre immer mal wieder notiert oder die ich an mir festgestellt habe. Ob das alles Dinge sind, die unmittelbar mit der Schilddrüse zusammen hängen, kann ich aber nicht sagen.
Veränderungen und Symptome:
- Innere Unruhe und Nervosität
- Unfähigkeit, runter zu kommen und zu entspannen
- Herzrasen
- Nachts den eigenen Pulsschlag durch die Ohren rauschen hören
- Müdigkeit
- Keine Motivation mehr, zum Sport zu gehen seit fast 1,5 Jahren (Sport gehört zu mir wie die Highlands zu Schottland!)
- Konzentrationsschwierigkeiten (Unfähigkeit, auf der Arbeit länger als eine Stunde zu sitzen)
- Vergesslichkeit (Sätze wie z. B. „Darüber haben wir doch gesprochen“ oder „Das weißt du nicht mehr?“ habe ich häufiger gehört)
- Ein Gefühl des „nichts mehr so wirklich und richtig empfinden“ (Eigentlich bin ich ein empathischer Mensch)
- Unfähigkeit, mich selbst zu ordnen und zu koordinieren (Zuhause und auf der Arbeit)
- Fahrigkeit (Grobmotorik)
- Pfeifen im Ohr, vor allem Nachts
- Druckgefühl im Hals
- Schluckbeschwerden beim Essen (Das wurde immer schlimmer)
- Das Gefühl, nicht mehr richtig sehen zu können (Sehtest war super, alles okay mit meinen Augen)
- Brennende, trockene Augen
- Fissel-Haare, spröde und trocken
Ich bin dann, nachdem das Druckgefühl im Hals immer stärker und nerviger wurde und nach einem Gespräch mit meiner Mama, die mich ausdrücklich darum gebeten hat, das abchecken zu lassen (Sie hatte selbst mal Probleme mit der Schilddrüse), zu meiner Ärztin gegangen. Wer von euch eine sehr gute Allgemein-Ärztin in Frankfurt sucht, dem kann ich Frau Dr. Nehmet ans Herz legen. Sie hat meinen Hals abgetastet, einen Ultraschall gemacht und festgestellt, dass dort ein Knoten bzw. eine Veränderung ist. Was genau, kann per Ultraschall nicht festgestellt werden, es könnte auch eine Zyste sein. Also hat sie mir eine Überweisung an die Radiologie in Frankfurt gegeben, um eine Schilddrüsen-Szintigraphie zu machen und genauer abzuklären, was da los ist. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass da nichts dramatisches dahinter steckt und alles okay ist. Also war ich auch nicht beunruhigt und habe erstmal abgewartet, was das überhaupt ist.
Schilddrüsen-Szintigraphie
Am 30.06.17 bin ich dann in die Radiologie gegangen, um besagte Szintigraphie meiner prinzessinnenhaft rumzickenden Schilddrüse zu machen. Zuerst wird noch mal eine Ultraschall-Untersuchung gemacht und Blut abgenommen, um die aktuellen Werte festzuhalten. Erst danach folgt die Szintigraphie, die im Prinzip nichts anderes ist, als ein erweiterter Scan der Schilddrüse.
Die Szintigraphie läuft so ab:
Es wird euch ein radioaktives Material gespritzt, das sich nur in der Schilddrüse anreichert. Das Mittel verbleibt wohl nicht lange im Körper und die Strahlenbelastung ist gering. Ihr müsst dann ca. 15 bis 20 Minuten warten, bis die Substanz vom Körper aufgenommen wurde. Danach setzt ihr euch vor ein Gerät, euer Kopf wird leicht fixiert und ihr dürft euch ca. 8 Minuten nicht bewegen, während eure Schilddrüse gescannt wird. Fertig. Auf das Ergebnis müsst ihr jetzt ein paar Tage (bei mir waren es 5) warten. Alles wird samt einer Empfehlung zur weiteren Behandlung an euren Hausarzt geschickt, mit dem ihr dann alles weitere besprecht.
Die Diagnose: Struma Multinodosa mit kalten Knoten auf beiden Seiten
What the hell?! Ich habe eine vergrößerte Schilddrüse? Ist das etwa so ein Kropf? Und da sind auch noch Knoten drin? Auf beiden Seiten? Okay, das kam jetzt doch ein wenig überraschend, aber beunruhigt hat es mich trotzdem noch immer nicht. Nach wie vor war ich der Meinung, das bekommt man mit Medikamenten schon wieder hin. Meine Hausärztin hat alles mit mir besprochen und ich konnte erste Fragen klären. Was bedeutet das jetzt? Könnte das Krebs sein? Muss ich das jetzt doch operieren lassen?
Zur Erklärung: Schilddrüsen dürfen ein Gesamtvolumen (Länge x Breite x Tiefe) von bis zu 18 ml bei Frauen und bis zu 25 ml bei Männern betragen, um als „normal“ zu gelten, das ist ein Richtwert, der festgelegt wurde. Mit 25 ml war meine also 7 ml zu groß und gilt als Struma bzw. vergrößerte Schilddrüse. Zusätzlich hatte ich einen kalten Knoten (2,4 cm) im linken Schilddrüsen-Lappen und einen kalten Knoten im rechten Schilddrüsen-Lappen (2,2 cm). Linker und rechter Lappen, weil die Schilddrüse aus zwei Teilen/Lappen besteht, die als zwei getrennte Bereiche behandelt werden. Im Szintigrammm (s. Abb.1) kann man das sehen.
Kalte Knoten sind Bereiche in der Schilddrüse, die keine Hormone mehr produzieren und inaktiv sind. Sie reichern sich nicht mit dem gespritzen radioaktiven Mittel an und erscheinen dann im Szintigramm blau bzw. dunkel, daher kommt die Bezeichung „kalt“. Sie tendieren in manchen Fällen dazu, bösartig zu werden und Krebszellen auszubilden.
Neben kalten Knoten gibt es auch noch warme bzw. heiße Knoten. Diese produzieren im Übermaß Hormone und heißen so, weil sie die radioaktive Substanz aufnehmen und im Szintigramm rot erscheinen. Heiße Knoten sind ungefährlich und können gut behandelt werden.
Ich hatte jetzt also zwei Optionen:
- Entfernung der Knoten und des vergrößerten Gewebes durch eine OP.
- Alles bleibt, wie es ist, aber alle drei Monate müssen beide Knoten punktiert (Feinnadelpunktion) und bei bösartiger Veränderung dann opertiert werden.
Da ich ja eine Mission hatte (Vollständig mit allen Organen irgendwann mal ins Grab bzw. auf die nächste Ebene switchen), wollte ich nach wie vor eine OP unbedingt vermeiden. Auf der anderen Seite bin ich nicht der Typ dazu, alle paar Monate in meinem Hals rumstechen zu lassen um dann, wenn es scheiße läuft, irgendwann Krebs zu haben. Schilddrüsenkrebs kann zwar gut behandelt werden, aber die Vorstellung, dass die Knoten weiter wachsen, fand ich nicht so super. Zumal ich mich ja auch nicht so wirklich gut gefühlt habe in den letzten Monaten und ich diese Symptome und Empfindungen los werden wollte. Also habe ich mit meiner Hausärztin besprochen, die mir daraufhin eine Überweisung ins Bürgerhospital gegeben hat, um hier mit den Experten zu sprechen. Ich wollte genau wissen, wie meine Optionen aussehen, was ggf. die bessere Entscheidung ist, wo die Risiken liegen usw.
Die Entscheidung: Operation oder nicht
Am 27.07.17 hatte ich dann mein Vorgespräch mit Dr. Lula Gebrehiwot, einer Ärztin aus dem Bürgerhospital. Vorher habe ich mir alle Fragen aufgeschrieben, die ich hatte. Zu dem Szintigramm, der Diagnose, Bezeichnungen oder Werte, die ich nicht verstanden habe usw. Einfach alles, was ich wissen wollte, um die für mich beste Entscheidung zu treffen. Diese nimmt euch in so einem Fall nämlich kein Arzt ab. Ich habe die Frage „Was raten Sie mir?“ natürlich auch gestellt. Und ihre Antwort war „Diese Entscheidung kann ich Ihnen leider nicht abnehmen“ Die müsst ihr also für euch selbst treffen. Meine Freundin/Lebenspartnerin (Claudi) ist zu diesem Gespräch mit gekommen, da auch sie Fragen hatte. Ich glaube, wir haben eine ganze Stunde mit Dr. Gebrehiwot gesprochen, sie hat uns alles genau erklärt, auf alle Fragen geantwortet und im Laufe des Gesprächs habe ich gemerkt, dass ich mich vermutlich doch für die OP entscheiden werde. Aber ich war mir noch nicht sicher und wollte noch keinen OP-Termin machen. Also sind wir so verblieben, dass ich mir die Zeit zum Überlegen nehme und mich dann noch zurück melde.
Viele Schilddrüsen-OPs werden in Deutschland zu schnell gemacht und einige kann man vermeiden, da es noch andere Möglichkeiten gibt. Was ich bei dieser Ärztin sehr toll fand war, dass ich nie das Gefühl hatte, sie will mich zu der OP überreden. Wir haben ganz sachlich über die Möglichkeiten gesprochen, die ich hatte.
In den nächsten Tagen habe ich alles, was ich zu dem Thema „Schilddrüse“ im Internet finden konnte, gelesen und/oder mir angeschaut: Erfahrungsberichte von OPs, Live-OPs auf YouTube, kalte Knoten, heiße Knoten, Schilddrüsenkrebs, welche Tablette muss ich dann nehmen, wie verkraftet das der Körper, wie fühlt man sich danach, was sind die Risiken, verändert das mein Wesen, tut Feinnadelpunktion weh, wie sieht die Narbe aus, was passiert bei der Vollnarkose usw. Außerdem habe ich mit Menschen in meiner Umgebung gesprochen, die auch schon eine OP an der Schilddrüse hinter sich haben oder andere Probleme mit diesem kleinen Organ.
Ich habe mir 3 Tage Bedenkzeit gegeben.
Fakten, wenn ich mich für die OP entscheide:
- Bis zum Ende meines Lebens einmal am Tag ne Tablette schlucken (L-Thyroxin)
- Ggf. dauert es lange, bis die richtige Dosis eingestellt ist, also scheiße fühlen, testen, ggf. immer noch scheiße fühlen, testen und irgendwann dann gut fühlen oder auch nicht
- Narbe am Hals (nervt mich, ich bin eitel)
- Doofes Gefühl, ein Organ, das zu mir gehört, plötzlich nicht mehr zu haben
- Mein Plan, ohne Brüche und mit allen Organen ins Grab einzufahren, scheitert
Fakten, wenn ich mich gegen die OP entscheide:
- Alle drei Monate beide Lappen punktieren mit der Chance, dass nur aus gesundem Gewebe das Zeug gezogen wird und evtl. krankes Gewebe nicht punktiert wird und es fälschlicherweise zu der Annahme kommt, alles fit und okay, obwohl es ggf. Krebs geworden ist
- Dauernde Gedanken daran, dass es bösartig werden könnte
- Struma wächst weiter und stört mich noch mehr
- Organ bleibt bei mir
- Keine Narbe
Am 29.08. habe ich mich dann für die OP entschieden. Nach langen Gesprächen mit vielen Menschen, viel Lesen und Hören auf mein eigenes, inneres Gefühl hat das für mich einfach am meisten Sinn gemacht. Adieu und goodbye Mission „Körperlich vollständige Grabeinfahrt“, welcome Mission Impossible. Als Krankenhaus/OP-Jungfrau war ich ein wenig nervös, Angst hatte ich aber nicht. Und auf die Vollnarkose habe ich mich tatsächlich gefreut.
Die OP: Entfernung meiner Schilddrüse (Thyreoidektomie)
Ich habe die OP im Bürgerhospital in Frankfurt am Main machen lassen. Wie schon erwähnt, kann ich euch dieses Krankenhaus sehr ans Herz legen, wenn es um das Thema Schilddrüse geht. Für die Ärzte dort ist das ein Routine-Eingriff, sie sind spezialisert auf Schilddrüsen-OPs und das gesamte Team dort ist mega nett, freundlich, hilfsbereit. Alles, was ich hier schreibe bezieht sich also auf meine Erfahrungen im Bürgerhospital in Frankfurt.
01.09.17 – Tag der Voruntersuchungen und -gespräche
Einen Tag vor der OP werden sämtliche Voruntersuchungen gemacht und wichtige Gespräche geführt.
Die Voruntersuchungen haben bei mir 5 Stunden (9 bis 14 Uhr) gedauert. Ihr könnt und solltet an diesem Tag ALLES fragen, was euch auf dem Herzen liegt, wovor ihr ggf. Angst habt, wo eure Bedenken liegen, wie der OP-Ablauf ist, was mit euch gemacht wird, wie lange ihr im Krankenhaus bleiben müsst und so weiter. Ich war an einem Freitag da und konnte über’s Wochenende erstmal wieder nach Hause, da mein OP-Termin erst am Montag darauf war. Manchmal ist es aber auch so, dass ihr direkt da bleibt und die OP am nächsten Tag erfolgt. Hier die Fragen, die ich hatte und die mir auch alle komplett und mit Geduld von allen Ärzten, Schwestern und Pflegern beantwortet wurden:
- Wie lange dauert die OP? –> Ca. zwei Stunden.
- Ist jemand da, wenn ich aus der Narkose aufwache? –> Ja, im Aufwachraum ist permanent jemand, der nachschaut, ob alles okay ist. Außerdem seid ihr an Geräte angeschlossen, welche alle Vitalfunktionen überwachen.
- Wie lange muss ich im KH bleiben? –> Ca. drei bis vier Tage.
- Wie lange bin ich danach krankgeschrieben? –> Ca. zwei bis drei Wochen.
- Wer stellt mich auf die richtige Dosis L-Thyroxin ein bzw. ist meine Hausärztin meine Ansprechpartnerin? –> Meistens übernimmt das die Hausärztin, die Endokrinologie ist und bleibt aber euer permaneter Ansprechpartner, wenn ihr Frage habt, ihr könnt dort jederzeit anrufen.
- Wie lange dauert es, bis ich auf die richtige Dosis L-Thyroxin eingestellt bin? –> Das ist individuell unterschiedlich und kann nicht genau vorhergesagt werden.
- Woran merke ich, wenn ich zu wenig oder zu viele Hormone nehme? –> Dann setzen die typischen Symptome einer Unter- bzw. Überfunktion.
- Was mache ich dann, wenn ich mich scheiße fühle? –> Mit eurem Hausarzt oder der Endokrinologie sprechen.
- Wie viel meiner Schilddrüse wird entfernt? –> Das kommt darauf an, wo die Knoten liegen, Ggf. kann man Gewebe erhalten.
- Kann das, was übrig bleibt, die Hormonproduktion vollständig übernehmen? –> Meistens müsst ihr täglich eine Tablette schlucken, die aber niedrig dosiert sein kann, je nachdem, wie viel Gewebe ihr noch habt.
- Wann weiß ich, ob die Knoten gutartig oder bösartig waren? –> Wenn das herausoperierte Gewebe eingeschickt und untersucht wurde.
- WLAN im KH? (Die wichtigste aller Fragen! :-P) –> Aber natürlich.
- Braucht die Narbe spezielle Pflege –> Kann man machen und diese z. B. mit speziellen Narbensalbeln behandeln. Muss man aber nicht.
- Müssen alle Piercings raus? (Katastrophe) –> Ja.
Ablauf der Voruntersuchungen:
- Nummer ziehen und warten.
- Kurzes Gespräch, wer ich bin und unterschreiben von 5 Zetteln (Einverständniserklärungen, alles formelle Dinge).
- Zur netten Schwester rauf auf die Station (N2) und eine Art Laufzettel bekommen, wo ich jetzt überall hin muss.
- EKG (Dauer: 20 Sekunden, hell das ging schnell).
- Fragebogen ausfüllen: Persönliche Daten, Aufklärung zur Narkose und OP (wer eh schon besorgt ist, sollte sich NICHT durch lesen, was da alles passieren KÖNNTE).
- Blutdruck-Messung und Messung der Maße für Trombose-Strümpfe *wtf*
- Aufklärungsgespräch und Klärung von Fragen mit Assistenzärztin über die OP und Narkose, Blutabnahme und Abtasten der Schilddrüse.
- Stimmband-Check bei der HNO-Ärztin.
- Aufklärung und weitere Fragen durch die Anästhäsie-Ärztin und Abhören der Lunge.
Es werden euch u.a. Fragen zu Allergien und irgendwelchen Unverträglichkeiten gestellt, zu vorherigen OPs oder Krankheiten und ihr müsst viele Bögen ausfüllen. Außerdem solltet euer Gewicht wissen, daran wird u. a. die Narkose festgelegt. Am besten also vorher mal wieder wiegen. 🙂 Sagt auch alles, was ihr als wichtig erachtet. Mir z. B. rauscht gerne mal der Kreislauf ab, wenn mir Blut abgenommen wird oder ich eine Spritze kriege. Dann war meiner Freundin und mir sehr wichtig, dass sie direkt nach der OP angerufen wird, dass alles gut gegangen ist. Das wird alles notiert.
Am Schluß geht’s wieder zu der freundlichen Schwester, die euch ganz am Anfang los geschickt hat. Dann dauert’s noch mal ein paar Minuten und ihr seid erstmal fertig. Mir wurde dann noch die Uhrzeit für den OP-Montag genannt, wann ich da sein soll (7 Uhr, spitzen Übung für Morgenmuffel!).
Ich habe alle Zettel, die ich ausfüllen musste oder die ich als Info mitbekommen habe, aufgelistet – eine ganze Menge!
04.09.17 – OP-Tag
Am Abend vor der OP hätte gerne ein bis drei Gläser Rotwein vernichtet (Leichte Nervosität kam zu diesem Zeitpunkt auf), aber ich durfte ja nichts mehr essen und trinken. Und die Aussicht, dass mir mein Mageninhalt während der OP in die Lunge läuft oder ich an meiner eigenen Kotze ersticke, fand ich nicht so prickelnd. Also Augen zu und ohne Rotwein durch.
Pünktlich um 7 stand ich dann mit meiner Tasche auf der Station, wo ich bereits erwartet und sehr freundlich empfangen wurde. Als erstes wurde mir dann mein Identifikations-Band ums Handgelenk gelegt und mein Zimmer gezeigt. Meine Bettnachbarin, die sich zwei Stunden später als sehr freundliche Dame mit Namen Ulla herausstellte und die ich auch schon beim Vorgespräch am Freitag kennen gelernt hatte, war noch nicht da. Fand ich ganz gut so, um mich zu aklimatisieren und ungestört mit meiner neuen Reizwäsche anzufreunden, die ich gegen meine Sachen tauschen durfte.
Die OP war für ca. 13 Uhr angesetzt, ich hatte also noch genug Zeit, um mich von meiner Schilddrüse zu verabschieden, meine Piercings zu entfernen und mich in meine neuen Klamotten zu schmeißen. Zwischendurch habe ich noch eine Thrombose-Spritze in den Bauch bekommen. Die kann man sich auch ins Bein setzen lassen, aber Bauch erschien mir angenehmer.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt 17 Piercings, und die mussten vor der OP alle raus. Am Ende habe eine volle Stunde dafür gebraucht, alle raus zu friemeln.
Irgendwann kam dann Dr. Gebrehiwot zu mir, um noch mal über die anstehende OP zu sprechen, ausstehende Fragen zu klären und die Schnittführung auf meinen Hals zu zeichnen. Das wird vorher gemacht, um den Schnitt kosmetisch so gut wie möglich zu setzen, so dass die Narbe am Ende nicht so auffällt. Würde man schon liegen, sähe der Hals ja anders aus und der Schnitt wäre dann nicht so sauber. Deshalb wird er angezeichnet, wenn man noch wach ist und aufrecht sitzt und nicht erst, wenn man bereits zugedröhnt auf dem OP-Tisch liegt. 🙂 Ich habe mir die Schnittführung im Spiegel angeschaut, um mich schon mal darauf einzustellen, dass ich in ein paar Stunden dort eine Narbe habe.
Eine Frage, die ich unbedingt noch klären wollte war, ob die Schilddrüse bei der OP vollständig entfernt wird oder ein Rest bestehen bleibt. Bei einer Struma mit Knoten kann es sein, wenn die Knoten günstig liegen, dass ein Rest des Gewebes erhalten bleiben und so weiter für die Hormonproduktion sorgen kann. Dann muss ggf. keine Tablette geschluckt werden oder nur eine geringe Dosis. Aber dann kann es sein, dass die Schilddrüse wieder wächst und es erneut zu einer Struma kommt oder sich neue Knoten bilden. Außerdem kann es ja auch sein, dass das Gewebe schon bösartig verändert ist. Das aber kann man erst feststellen, wenn das herausgenommene Gewebe untersucht wurde, und es dauert ein paar Tage. Dann muss ggf. erneut operiert werden, wenn es schon Schilddrüsen-Krebs ist, um alles komplett zu entfernen. Wenn also Gewebe erhalten bleiben kann, dann entscheiden die Ärzte, ob sie es drin lassen oder entfernen. Es sei denn, man selbst möchte das entscheiden, ob es drin bleibt oder ob die Schilddrüse komplett entfernt wird. Ich habe mit Dr. Gebrehiwot darüber gesprochen und mich dann für die komplette Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) entschieden. Wenn ihr also in dieser Situation seid, dann nutzt die Möglichkeit, für euch selbst entscheiden zu können. Es ist euer Körper und ihr lebt damit. 🙂
Gegen 13 Uhr kam dann eine der freundlichen Schwestern mit den Worten „Es geht los“ und der Scheiß-egal-Pille im Gepäck rein. Natürlich wollte ich wissen, wie die Tablette heißt, wie sie wirkt und weshalb genau ich sie nehmen soll. Das Teil nennt Midazolam und es wird unter dem Handelsnamen „Dormicum“ vertrieben. Die Wirkung ist angstlösend, dämpfend, schlaffördernd und krampflösend und hatte bei mir durchaus auch noch andere Nebeneffekte.
Der Weg vom Zimmer zum OP kam mir ewig vor, ich hatte das Gefühl, ich fahre 50 Stockwerke runter in den Keller oder die Hölle. Mit dem Pfleger habe ich mich auch unterhalten, aber über was genau: keinen Schimmer. Unten im OP bekam dann alles eine leicht skurrile Note und ich weiß bis heute nicht, ob der Mensch in der OP-Kluft wirklich so seltsame Sachen erzählt hat oder ob das an meinem sedierten Geist lag. 🙂 Die Lampe über mir hat witzige Sachen gemacht und dauernd hat mich jemand gefragt, wie ich heiße und wann ich geboren bin. Ich lag noch ein paar Minuten oder auch länger in einem Raum, bis mich jemand ins OP-Zimmer gefahren hat. Ich habe mich erkundigt, wieso man eigentlich nur mit dieser winzigen Unterhose bekleidet im OP liegen muss und ob die Menschen im OP komische Dinge mit einem machen, während man schläft. An die Antworten kann ich mich blöderweise nicht mehr erinnern. Außerdem habe ich mich bedankt, dass ich endlich mal legal Drogen nehmen darf.
Die Narkoseärztin hat mir auch was erzählt und mir immer mit geteilt, was sie gerade macht. Sie hat dann irgendwann auch meine Arme festgeschnallt. Ich hab sie gefragt, wieso sie das macht und sie hat mir auch geantwortet, aber an ihre Antwort kann ich mich ebenfalls nicht mehr erinnern. Dann hat mir jemand anderes freundlich hallo gesagt und mir erklärt, dass ich hier in guten Händen bin. Daran hatte ich nicht den leistesten Zweifel. Zwischenzeitlich hatte ich kurz den Gedanken, was mache ich hier überhaupt, allerdings war es mir schon wieder egal, bevor ich es mit mir ausdiskutieren konnte. Man könnte dieser Pille auch den Titel „Mir alles scheißegal, macht doch, was ihr wollt, ich hab sowieso Spaß“-Pille verleihen.
Ich habe noch gesehen, dass in den Zugang, der mir in der Hand gelegt wurde (Wann ist das passiert? Don’t remember.), etwas gespritzt wurde. Es hat mir jemand eine Maske auf’s Gesicht gesetzt und mir viel Spaß und schöne Träume gewünscht. Meine Gedanken waren, ah nice, es geht los und dass ich jetzt klar werden und so lange wach bleiben muss, wie ich kann, um das Gefühl komplett auszunutzen. Ich wollte schon immer wissen, wie es ist, eine Vollnarkose zu bekommen. Es hat exakt zwei Atemzüge gedauert, bis ich weg war. 😀
Das Aufwachen oder die Heulphase
Das Aufwachen nach der Narksoe bzw. der OP war seltsam aber gar nicht schlimm. Ich bin immer wieder zwischendurch halb wach geworden, wenn eine Maschine meinen Blutdruck gemessen hat. Das kam mir ziemlich laut vor. Ich habe scheinbar die ganze Zeit geheult, habe das auch ab und zu selbst gemerkt, mich aber überhaupt nicht schlecht gefühlt. Ich habe gar nichts gefühlt, war aber entspannt. Die Augen konnte ich nicht richtig auf machen und wenn, dann war alles verschwommen. Jedes Mal, wenn ich wieder wach geworden bin (das kam mir vor, wie 20 oder 30 mal), stand am Fußende eine verschwommene Gestalt (Ein Engel? Nö, nichts anderes als die Pfleger/Schwestern, die einen nach der Narkose im Aufwachraum beobachten und checken, ob alles okay ist). Das hat mich sehr beruhigt, obwohl ich immer noch geheult habe.
Jedenfalls erinnere ich mich, dass jemand gefragt hat „Was ist denn da los?“ und ein anderer hat geantwortet „Das geht schon die ganze Zeit so.“ Irgendwann kam dann Dr. Gebrehiwot, die mich ja auch operiert hat und ich habe sie (Noch immer im Heulmodus) gefragt, ob meine Freundin schon angerufen wurde. Das hat sie dann direkt gemacht und ich habe Wortfetzen mit bekommen wie „Alles gut, wieder wach.“. Das hat mich beruhigt. Dann weiß ich nichts mehr. Ich glaube, der gleiche Pfleger, der mich runter in die Hölle gefahren hat, hat mich auch wieder hoch in den Himmel gefahren. Jedenfalls war ich dann wieder im Zimmer, konnte aber nix sagen, war unendlich müde und habe die meiste Zeit geschlafen.
Noch drei Tage im Krankenhaus
Die ersten Stunden nach der OP habe ich fast nur geschlafen, dann kam die Claudi mit Jessi, aber wirklich aufnahmefähig war ich da noch nicht. Aber ich habe mich sehr gefreut und war erleichtert, sie wieder in den Arm nehmen zu können. Abends gab’s Suppe, die ich nach ca. 2 Minuten in hohem Bogen wieder ausgekotzt habe. Schön! Während des Wechselns meiner sexy Thrombose-Strümpfe (voller Kotze) hat mir die freundliche Krankenschwester dann erklärt, dass das nach der Narkose normal ist und vorkommen kann. Den Tisch und den Boden hat sie dann auch noch sauber gemacht (voller Kotze). Mir war das etwas unangenehm und ich habe mich entschuldigt und bedankt. Gegessen habe ich an diesem Tag nix mehr. Mein Dank gilt auch Ulla, meiner Bettnachbarin, die nach meinem Hinweis „Mir wird schlecht“ sofort die Klingel gedrückt hat!
Aufstehen allein war an diesem Tag erstmal nicht drin, und dass mir jemand beim Pinkeln helfen muss, zählt auch zu meinen neuen „1. Malen“. Abends wurde noch mal Blut abgenommen, unter anderem, um den Calzium-Spiegel im Körper zu messen. Oft sinkt der nach einer Schilddrüsen-OP, weil die Nebenschilddrüsen, die für die Calzium-Regulation im Körperzuständig sind, während der OP gereizt werden können. Diese Drüsen sitzen ganz in der Nähe der Schilddrüse, deshalb heißen sie so. In der Regel haben Menschen vier davon. Bei mir war es so, dass eine der kleinen Drüsen versetzt werden musste. Sie wurde praktisch von ihrem eigentich Platz abgeschnitten und dann im Halsmuskel wieder dran gesetzt. Nette Vorstellung, fand ich.
Später habe ich die Bilder meiner rausoperierten Schilddrüse bekommen, yiha! Wie schon geschrieben, besteht die Schilddrüse aus dem linken und rechten Lappen. Das, was auf dem Bild aussieht, wie kleine Blasen, sind Knoten. Als ich die Bilder gesehen habe, hat mir das noch mal ein gutes Gefühl gegeben, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, als ich mich für die OP entschieden habe. Ich mache mir lediglich Vorwürfe, dass ich die Signale, die sie mir geschickt hat, nicht zu deuten wusste. Hätte ich eher gehandelt, hätte man die Schilddrüse mit Medikamten behandeln können. Laut den Ärzten ist sie seit ca. 5 Jahren gewachsen.
Zuerst war also nur eine Vergrößerung der Drüse (Struma, Kropf) da. Sowas kann mit Medikamenten behandelt werden. Wenn es allerdings nicht erkannt und behandelt wird, bilden sich irgendwann Knoten. Falls bie euch ein Knoten in der Schilddrüse festgestellt wurde, dann schaut euch auf jeden Fall die alternativen Behandlungsmethoden an! Oft kann eine OP verhindert werden bzw. ist unnötig. Eine vergrößerte Schilddrüse kann z. B. mit einer Radiojodtherapie behandelt werden. Mittels Radiofrequenzablation z. B. können kleine Knoten ggf. verkleinert werden. Bei mir kam das leider nicht in Frage, da die Knoten schon zu groß waren.
Am Tag nach der OP hing der Tropf noch an mir dran und links und rechts ein Drainage-Schlauch am Hals. Wenn ihr nur auf einer Seite, also an einem Schilddrüsen-Lappen operiert werden müsst, dann sitzt auch nur an dieser Seite die Drainage. So können Blut und Wundflüssigkeit ablaufen. Die Beutel, in welche das Blut läuft, sind am Hemd befestigt, so könnt ihr einigermassen entspannt auf die Toilette gehen. Auch nachts hat mich das alles nicht großartig gestört. Die Drainagen werden am 2. Tag nach der OP gezogen, was ein wenig unangenehm ist. Das wurde durch eine Ärztin aber sehr behutsam und vorsichtig bei mir gemacht. Ihr müsst einmal tief einatmen und beim ausatmen werden die Schläuche dann gezogen. Die Wunde wird durch ein Pflaster geschützt. Schlucken tut weh, aber die Schmerztabletten helfen, Kopf drehen geht erstmal so gut wie gar nicht.
Sprechen hat direkt nach der OP funktioniert, wenn es auch mehr Gekrächtze war als richtiges Sprechen.
Meine Stimme kurz nach der OP bzw. dem Aufwachen:
Die nächsten zwei Tage musste ich noch im Krankenhaus bleiben. Jeden Morgen gab’s die Thrombose-Spritze in den Bauch und zweimal am Tag hat mir jemand Blut abgenommen. Außerdem hatte ich Schmerztabletten (Ibuprofen 600) und meinen neuen, täglichen Begleiter, die L-Thyroxin Tablette (125 µg). Als besonderen Service bekommt jeder, der die Schilddrüsen-OP hinter sich hat, eine Spitzen-Nacken-Massage von ca. 15 Minuten. Das fand ich ziemlich fein, weil mir mein Nacken ein wenig weh tat durch die OP. Man liegt da nämlich ca. zwei Stunden mit überstrecktem Hals. Und das ist danach, zusammen mit dem Hals, der sowieso weh tut, doof. Daher war die Massage wirklich gut. 🙂
Hypokalzämie oder: Spaß mit Krampf und Panik
Mittwoch sollte ich dann entlassen werden. Ulla, die 30 Jahre älter ist, als ich, sah schon am 2. Tag nach der OP aus, wie das blühende Leben, während ich mich gefühlt habe, wie der letzte Lauch (Laut der Claudi sah ich auch genau so aus). Ich konnte nicht richtig laufen und hatte das Gefühl, meine Beine schwobbeln und sind weich. Aber ich habe das auf meinen Kreislauf geschoben und dem Ganzen blöderweise nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Gegen 14 Uhr war ich dann abreisebereit, mein Abholkommando Claudi war da, meine Sachen waren gepackt und ich musste nur noch auf das Ergebnis der letzten Blutwerte warten. Dann kam eine Krankenschwester rein und hat gesagt: „Ihre Calziumwerte sind viel zu niedrig, hier sind Calzium-Tabletten, bitte essen und nicht mehr aufstehen.“ Okay, alles klar, kann ich. Also haben wir uns ein bisschen auf den Balkon in die Sonne gesetzt und ich habe eine große Menge an Calzium-Kautabletten gegessen. Nach 10 Minuten oder so wollte ich auf die Toilette. Aufstehen ging noch, laufen nicht mehr. Ich war im Nachhinein sehr froh, dass die Claudi bei mir war und so schnell reagiert hat, weil ich die nicht mehr vorhandenen Funktionen meines Körpers überhaupt nicht geschnallt habe! <3
Claudi: „Da stimmt was nicht, ich hole jemanden!“
Ich: „Ach Quatsch, alles im Lot.“
Claudi: Schon auf dem Flur nach Hilfe suchend
Ich: Okay, vielleicht stimmt doch was nicht *Tschüss Kreislauf*
Dann bin ich auf meinem Stuhl zusammen gesackt. Aber es waren sofort viele Menschen da, die mich an den Armen gepackt und mir gesagt haben, ich soll aufstehen. Ging aber nicht. Sie haben mich mehr oder weniger ins Zimmer geschleppt und auf’s Bett gelegt. Dann habe ich Krämpfe und Panik bekommen. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber meine Hände waren nach innen verkrampft, ich konnte nicht mehr reden, meine Beine haben gezittert und meine Füße waren nach unten gebogen. Irgendwann hatte ich das Gefühl, jemand sitzt auf meiner Lunge und nimmt mir die Luft zum Atmen. Von da an hatte ich völlige Panik, habe blöderweise hyperventiliert und dachte, ich verrecke. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben Angst, dass ich sterbe. Total irrational, weil es einfach ein Krampf war, den man bekommt, wenn man unter Hypokalzämie leidet. Das ist nichts anderes als Calziummangel im Körper, der entstanden ist, weil die Nebenschilddrüsen während der OP etwas gelitten haben und deshalb ihren Dienst kurzzeitig nicht richtig machen können. Also überhaupt nichts Schlimmes. Aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht. Ich habe mir den Himmel draußen angeschaut und hatte vier Gedanken:
- Was macht die Claudi?
- Scheiße was habe ich mir angetan?
- Hört das je wieder auf?
- Ich bin ein Idiot!
Mir kam das alles wie 5 Minuten vor, es waren aber 30, bis die Krämpfe sich wieder gelöst haben und ich mich beruhigt hatte und wieder in der Lage war, klar zu denken. Danach war ich ziemlich platt, befand mich wieder an einem Tropf mit einer Packung Calzium-Tabletten und durfte noch ne Nacht bleiben. 😉 Hervorragend.
Sollte ihr also nach eurer OP ein Kribbeln in den Fingerspitzen fühlen oder bemerken, dass euch Arme oder Beine einschlafen, dann ist das erstmal normal und ihr müsst es auf jeden Fall der Visite sagen. Dann bekommt ihr vorab genug Calzium, damit es nicht zu so einem Krampf kommt. Das habe ich nämlich nicht getan, weil ich ja – wie immer – alles auf meinen Kreislauf geschoben habe und dachte, das Kribbeln ist normal und auch die Tatsache, dass mir nachts Arme und Beine eingeschlafen sind.
Am nächsten Tag wurde mir dann noch zweimal Blut abgezapft und ich hatte nach wie vor ein leichtes Kribbeln in meinen Fingerspitzen und Füßen. Zwischendurch ist mir auch immer mal wieder etwas mulmig geworden, aber nach einer Calzium-Tablette war das wieder besser. Übrigens: Der Mensch sollte ca. 1.000 Gramm Calzium pro Tag zu sich nehmen, um seinen Bedarf zu decken. Nachmittags durfte ich dann endlich nach Hause. Das beste an diesem Tag war aber die Nachricht, dass die Knoten nicht bösartig waren. Ich denke immer positiv, und deshalb habe ich niemals den Gedanken in mir getragen, dass es sich hier um Krebs handeln könnte. Aber wenn dann die entgültige Bestätigung kommt, ist das doch sehr erleichternd. 🙂 Schilddrüsenkrebs ist jedoch, wenn ich richtig informiert bin, sehr gut heilbar bzw. behandelbar. Allerdings kann ich dazu jetzt nicht wirklich was schreiben, da ich mich mit diesem Thema ganz bewusst nicht beschäftigt habe.
Die ersten Tage zuhause nach der OP
Um die ersten Tage mit L-Thyroxin versorgt zu sein, habe ich Starter-Pack mit 5 Tabletten mit bekommen. Außerdem noch für einen Tag Schmerztabletten sowie für drei Tage Calzium-Tabletten und Vitamin-D-Tabletten (Rocaltrol), um den Calzium-Spiegel wieder richtig aufzubauen. Ich war glücklich, wieder zuhause zu sein.
Nach vier Tagen musste ich dann zum Fäden ziehen und Blutwerte checken. Außer, dass mir dabei wieder mal mein Kreislauf abgeschmiert ist, war alles okay. Es kam ein frisches Pflaster auf die Wunde, das ich nach zwei weiteren Tagen entfernt durfte. Und dann habe ich mir vor allem viel Ruhe gegönnt. Mit meiner Hausärztin habe ich dann den OP-Bericht/Entlassungsbericht besprochen und von ihr habe ich auch das Rezept für die L-Thyroxin-Tabletten bekommen. In den ersten Tagen konnte und wollte ich mich nicht viel bewegen, weil ich zu kaputt war. Irgendwann ging dann ein 30 Minuten Spaziergang mit meinem Hund. Das Schlucken wurde von Tag zu Tag immer ein wenig besser und meinen Kopf konnte ich nach ca. zwei Wochen auch wieder normal drehen. Anfangs hatte ich noch dieses Kribbeln in den Händen und Füßen, was aber dann auch irgendwann komplett weg war. Insgesamt war ich drei Wochen krank geschrieben.
Leben ohne Schilddrüse
Von jetzt an geht meine Reise also ohne Schilddrüse weiter. Ich habe Erfahrungsberichte gelesen, in denen Menschen davon berichtet haben, wie schlecht es ihnen nach der Entfernung ihrer Schilddrüse ging und dass sie jedem von dieser OP abraten. Einige berichten davon, dass sich ihr Wesen verändert hat, von Schmerzen und dauerndem Unwohlsein und einem „kaputten“ Leben. Ich habe einige negative Berichte gelesen, aber auch positive.
Ich glaube nicht, dass man den weiteren Verlauf bzw. die eigenen Empfindungen nach dieser OP verallgemeinern kann. Deshalb schreibe ich meine persönlichen Erfahrungen runter. Ich lebe jetzt 8 Jahre ohne meine Schilddrüse und ja, es ging zwischendurch auch mal auf und ab. Ich weiß jetzt, was mit „Es wird eine ganze Weile dauern, bis du die richtige L-Thyroxin-Dosis gefunden hast“ gemeint war. Aber das ist nichts, wovor ihr Angst haben müsst. Der Körper braucht Zeit, um zu verstehen, dass da jetzt ein sehr wichtiges Organ fehlt. Die Hormone kommen von jetzt an von außen, da die Schilddrüse die Menge nicht mehr selbst regeln kann. Deshalb dauert es ggf. ein wenig, bis hier wieder alles stimmt. Gebt euch auch hier die Zeit, die ihr braucht. Hormone steuern so viel im Körper aber auch mit euren Gefühlen. Und die Entfernung der Schilddrüse – komplett oder auch nur teilweise – ist ein großer Eingriff. Aber unser Körper ist erstaunlich, und er zeigt euch auch deutlich, wenn ihr aufmerksamer sein solltet. Mein Leben komplett ohne Schilddrüse ist fine, ich habe keine Einschränkungen und die tägliche Tablette morgens oder abends oder wie auch immer ihr das handhaben wollt, habt ihr sicher schnell in euren Tag eingebaut.
L-Thyroxin Einstellung
Die Einstellung mit L-Thyroxin wird auch Hormon-Ersatztherapie genannt. Nichts anderes ist es ja auch: Der Körper bekommt ein Hormon, das er selbst nicht mehr produzieren kann, als Ersatz in Form von Tabletten. Bei mir ist die OP jetzt bereits 4 Jahre her und aktuell geht es mir sehr gut. Ich habe mehrere Blutchecks hinter mir, vor allem in den ersten Monaten bzw. zwei Jahren nach der OP habe ich diese machen lassen. Beim ersten lag der TSH-Wert (basal) bei 0,46, was – rein labortechnisch betrachtet – im Bereich des „normalen“ liegt. Dieser Wert lag vor der OP bei 1,07. Wichtig sind aber nicht unbedingt die Werte im Blut, sondern euer eigenes Empfinden. Ich hatte dann auch eine Phase, in der ich extrem müde war und dachte, oh shit, ich habe bestimmt zu wenig L-Thyroxin. Das war ca. 2 Monate nach der OP. Daran lag es aber nicht, sondern schlichtweg an der Tatsache, dass ich zu wenig geschlafen habe. Drei Monate nach der OP habe ich gemerkt, dass ich wieder diese innere Nervosität habe und vor allem nachts einen sehr schnellen Puls. Deshalb bin ich noch mal zum Blut abnehmen gegangen, der TSH-Wert lag dann bei 0,32. Probeweise hat mir meine Hausärztin dann empfohlen, anstatt 125 µg L-Thyroxin mal auf 112 µg runter zu gehen. Gute Entscheidung, diese Dosis habe ich eine Weile genommen, bis ich drei Monate später einen Tiefpunkt hatte. Ich habe mich ausgelaugt gefühlt und war dann auch sechs Wochen nicht auf der Arbeit. Ob das alles aber ausschließlich mit der OP und der Hormoneinstellung zu tun hat, bezweifel ich, es kam auch eine gute Portion Burnout mit dazu. In dieser Zeit bin ich auf 100 µg L-Thyroxin runter gegangen nach Rücksprache mit meiner Ärztin. Das hat auch ganz gut funktioniert, zwei Monate später bin ich dann auch wieder arbeiten gegangen. Allerdings war ich sehr sehr müde und hatte das Gefühl, dass die 100 µg zu wenig sind. Also habe ich mich einen Monat später dazu entschieden, dass ich mit der Dosis experimentieren will und muss, um die richtige zu finden. Das soll man NICHT tun und die Dosis nur in Rücksprache mit seinem Arzt ändern. Daher ist das kein Rat an euch, sowas zu machen. Mir allerdings hat es geholfen, die richtige Dosierung zu finden. Ich habe also testweise zwei Wochen lang 125 µg L-Thyox genommen um fest zu stellen: Nein, zu viel, Herzrasen, harter Puls, Nervosität. Also bin ich auf 112 µg runter gegangen und nehme diese Dosis nun dauerhaft. Ob es dabei bleibt, weiß ich aber nicht, aktuell fühle ich mich damit wieder sehr gut. Das ist auch bei jedem unterschiedlich. Ganz wichtig ist: Gebt euch Zeit. Hört auf euren Körper und eure Seele.
Außerdem fühle ich mich besser, seitdem ich Vitamin B12 und Vitamin E nehme.
Info: Bevor ich von der 125-Dosis das erste mal auf die 112-Dosis umgestiegen bin, sollte ich auf Anraten meiner Hausärztin mal zwei Tage keine Tablette nehmen, um den Spiegel runter zu ziehen. Ich kann euch eines raten: Macht das nicht! Ich habe keine Ahnung, ob nur ich darauf so reagiere und andere das besser weg stecken, aber in diesen zwei Tagen ging es mir richtig schlecht. Ich hatte Rückenschmerzen, Bauchschmerzen, alles tat mir weh und Verstopfung habe ich auch bekommen.
Entwicklung der Narbe / Narbenpflege
Die Narbe nach der Schilddrüsen-OP: Verheilt das gut? Wie sieht das aus? Tut das weh? Wie lange dauert die vollständige Heilung? Muss ich spezielle Narbenpflege machen und z. B. Narbengel verwenden? Diese Fragen hatte ich am Anfang, viele davon kann ich jetzt hoffentlich ganz gut beantworten. Unten auch ein paar Bilder vom Heilungsprozeß, wie sich die Narbe bisher entwickelt hat und was ich gemacht habe, um die Heilung zu unterstützen.
Generell ist die Narbe super verheilt und kleiner, als ich dachte. Heute ist sie so gut wie nicht mehr zu sehen:
Ich habe den Arzt gefragt, ob ich die Narbe in irgendeiner Art „pflegen“ muss. Er hat mich etwas fragend angeschaut und gemeint: „Lassen sie das einfach heilen, der Körper macht das schon.“ Davon bin ich auch überzeugt, aber ich hatte das Bedürfnis, die Narbe trotzdem mit irgendwas einzucremen, vor allem, da sie später angefangen hat, etwas zu spannen. Das war unangenehm, also habe ich mich für zwei Salben entschieden. Am Anfang für Bepanthen, danach für Contractubex.
Meine Erfahrung mit Contractubex Narbengel
Die ersten zwei Wochen nach der OP habe ich die Narbe in Ruhe gelassen. Danach habe ich mir Contractubex (spezielles Narbengel) in der Apotheke geholt. Wieso Contractubex? Weil ich im Netz viele gute Erfahrungsberichte gelesen habe. Eine Tube mit 30 Gramm kostet allerdings 18 Euro, hält aber lange, da ihr ja nur wenig braucht. Ihr bekommt das ggf. auch günstiger in Online-Apotheken.
Nachdem ich das Gel also auf die Narbe geschmiert und einmassiert hatte, war die Welt noch in Ordnung. 30 Minuten später hat die Narbe höllisch angefangen, zu jucken, tadaaa! Richtig scheiße, aber ich dachte, ja wird schon. Das hat dann ca. 3 Stunden weiter gejuckt. Jeder und alles im Leben verdient in der Regel eine 2. Chance, also habe ich das Ganze am nächsten Tag wiederholt, gleiches Spiel. Also erstmal weg damit. Stattdessen habe ich die Narbe mit Bepanthen eingecremt, sehr angenehm, kein Jucken! Das habe ich dann drei Wochen lang morgens und abends gemacht. Dann habe ich wieder mal das Contractubex versucht, weil die Narbe ja jetzt nicht mehr so frisch war und das Jucken evtl. daher kam. Und voila: Funktioniert! Das Gel liess sich super einmassieren, riecht gut, hat nicht gejuckt und danach erschien mir die Narbe weicher. Ich habe das Gel fast ein Jahr benutzt, manchmal morgens oder abends (unregelmäßig, nach Bedarf). Zwischendurch – bevor ich Laufen gegangen bin z. B. – habe ich auch mal Bepanthen draufgeschmiert und einmassiert.
Laut Hersteller wirkt Contractubex wachstumshemmend (also bezogen auf die Wundwucherungen schätze ich), entzündungshemmend und glättend. Glättend kann ich bestätigen, habe ich weiter oben bereits geschrieben. Ich kann euch dieses Gel also in jedem Fall empfehlen, ggf. wartet aber noch ein paar Tage bzw. Wochen, wenn es bei euch juckt und versucht es dann später noch mal, wenn die Narbe schon mehr verheilt ist. Was ich natürlich nicht sagen kann ist, ob die Narbe OHNE das Gel jetzt „schlechter“ ausgesehen hätte, aber es hat in jedem Fall nicht geschadet und auf dem letzten Bild oben seht ihr ja, wie die Narbe aussieht. Sie ist so gut wie nicht mehr zu sehen. Nach 5 Monaten hatte ich das Problem, dass ein kleiner Pickel an der Narbe entstanden ist, der sich aber, nachdem ich ihn erfolgreich ausgedrückt hatte (lecker), wieder zurück gebildet hat. Auch nach 6 Monaten tat die Narbe noch ein kleines bisschen weh, wenn man von außen drauf gedrückt hat, war aber nicht schlimm. Das Gefühl, über etwas drüber zu schlucken, hatte ich knapp 4 Monate, das ist danach komplett verschwunden.
Mein Fazit aus dieser gesamten Schilddrüsen-Erfahrung
Ich gemerkt habe, wie verletzlich der eigene Körper ist und wie schnell er zusammen brechen kann, wenn die Vorgänge, die sonst automatisch und perfekt ablaufen, gestört sind. Und dass es eben doch mal passieren kann, dass man sich in fremde Hände begeben und vertrauen muss, weil man alleine nicht mehr weiter kommt. Und wie wichtig Liebe in meinem Leben ist. Ich habe Menschen und Dingen, die überhaupt nicht wichtig sind, zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, und die, welche wirklich Bedeutung haben, vernachlässigt. Wie dumm von mir. Und wie gut, dass ich die Chance habe, das von jetzt an zu ändern.
Ich habe viel aus dieser Erfahrung mit genommen und werde mein Leben entstressen und meine Prioritäten anders setzen. Und das ist ein gutes Gefühl. 🙂
To be continued…ich ergänze den Bericht laufend durch aktuelle Dinge und arbeite aktuell an FAQs.
Denkt positiv, ihr braucht keine Angst zu haben!
Janni
Last Update: 12.02.2025